Digitales Ökosystem für eine resiliente und nachhaltige Versorgung mit funktionssicheren Werkstoffen (ORCHESTER)
Motivation
Mit dem Leitprojekt »ORCHESTER« etablieren wir die Fraunhofer-Gesellschaft bei der Versorgung mit struktur- und funktionssicheren Werkstoffen für die Energiewende als Dirigent im Zusammenspiel zwischen Industrie, Verbänden, Politik und Forschung. Als interdisziplinäres Konsortium komponieren wir experimentelle, simulationsgestützte, prozess-, sensortechnische und digitale Technologien zu einem digitalen Ökosystem, das integrierbare Lösungen zur Bewertung der Resilienz von Werkstoffen, Bauteilen und Strukturen bereitstellt und auf Basis einer digitalen Wissensbasis Handlungsempfehlungen ermöglicht. Motiviert wird das Vorhaben durch die zunehmenden Herausforderungen der Rohstoffverfügbarkeiten und jüngsten Strategien zur Rohstoff-Wiederverwertung.
Mit den High-Throughput-Methoden zum beschleunigten Materialscreening leistet das Fraunhofer IWS einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der definierten Ziele.
Ziele und Vorgehen
Das bereits in vorangegangenen Projekten geübte Zusammenspiel der Abteilungen »Werkstoffcharakterisierung und Prüfung« und »Additive Fertigung« wird innerhalb »ORCHESTER« weiter perfektioniert, mit dem Ziel des kombinatorischen Werkstoffdesigns, welches digitale und experimentelle Methoden eng miteinander verzahnt. Damit lassen sich mögliche Szenarien im Labormaßstab abbilden, welche sich aus Chargenschwankungen bzw. notwendige Legierungsanpassungen oder auch den Effekt wiederholter Recyclingrouten für den jeweiligen Werkstoffzustand ergeben. Im Mittelpunkt der Aktivitäten am Fraunhofer IWS stehen exemplarisch zum einen Bipolar-Halbplatten aus dem austenitischen Stahl 316L. Zur Gewährleistung der Phasenstabilität, der mechanischen Festigkeit und der Beständigkeit gegen Wasserstoffversprödung ist ein hoher Nickel-Anteil essenziell. Nickel ist das preisbestimmende Element für Edelstahl und Edelstahlschrott. Aufgrund der zu erwartenden Ressourcenkritikalität von Ni können in einer Krisensituation die Bauteile nicht aus 316L innerhalb der gültigen Werkstoffspezifikation gefertigt werden. Diese geschilderte Gefahr kann konzeptionell reduziert werden:
- wenn mögliche Alternativwerkstoffe mit geringem Anteil kritischer Elemente schnell mit Hilfe von verknüpften Daten sowie »High-Throughput-Screening«-Methoden in Bezug auf Chemie und Prozessierung gefunden werden
- wenn Werkstoffe nicht mehr in engen Legierungsgrenzen und Prozessrouten, sondern von Beginn an in Funktionen bzw. Eigenschaften wie Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit etc. spezifiziert werden.
Innovationen und Perspektiven
Ein weiterer Schwerpunkt des Fraunhofer IWS liegt in der Frage nach der Beherrschung der Werkstofffunktion bei variablem Anteil von Sekundärmetallen mit ihren Verunreinigungen am Beispiel einer Aluminiumlegierung, wie sie u.a. bei Verdichterrädern, Brennstoffzellen oder Wärmepumpen zum Einsatz kommt. Auch hier sollen die High-Throughput-Screening-Methoden dazu dienen, im Labormaßstab ein Legierungsdesign zu simulieren. In diesem Fall geht es darum eine zunehmende Verunreinigung quasi absichtlich durch eine gezielte Variation der AM-Pulver herbeizuführen und deren Auswirkungen auf weitere Verarbeitbarkeit, erforderliche Wärmebehandlungsstrategien und Langzeitfestigkeit zu erforschen.