Dr. Stefan Makowski gewinnt Förderpreis der Gesellschaft für Tribologie
Reibungsloser Ablauf für hohe Einsparungen
Jährlich vergibt die Gesellschaft für Tribologie (GfT) Förderpreise für herausragende wissenschaftliche Arbeiten innerhalb der Tribologie. Der diesjährige Gewinner Dr. Stefan Makowski vom Fraunhofer IWS konnte mit seiner Promotionsarbeit »Superlubricity und tribochemischer Verschleiß: Wechselwirkung von tetraedrisch amorphen Kohlenstoffschichten mit fettsäurebasierten Schmierstoffen« überzeugen.
Herzlichen Glückwunsch zum Preis der GfT von unserer Seite. Wie kamen Sie auf das Thema »Supraschmierung« und wie wurde daraus Ihre Promotionsarbeit?
MAKOWSKI: Ich habe in Dresden Werkstoffwissenschaft studiert und bin 2007 über ein Praktikum in den USA an der Fraunhofer-Außenstelle in Michigan auf das Thema »tetraedrische amorphe Kohlenstoffschichten« oder kurz »ta-C-Schichten« aufmerksam geworden. Nach Abschluss meines Diploms 2008 arbeitete ich zunächst an der TU Dresden am Institut für Fertigungstechnik – damals schon in Kooperation mit dem Fraunhofer IWS. Seit 2016 bin ich hier als Gruppenleiter für Schichtcharakterisierung in Vollzeit tätig. Während dieser Zeit fokussierte ich mich immer mehr auf die Tribologie und später auch auf Supraschmierung. Angefangen haben wir bereits 2009 mit dem Projekt PEGASUS und seitdem haben wir Schritt für Schritt Tribologie-Spezialwissen aufgebaut. Es gibt auf der Welt nicht so viele Gruppen, die sich mit Supraschmierung in Verbindung mit ta-C-Schichten experimentell auseinandersetzen, denn es ist nach wie vor noch ein Nischenthema. Wir sind also recht einzigartig auf dem Gebiet. Die Absicht zu promovieren hatte ich schon 2009 und je mehr ich mich in unterschiedlichen Projekten mit dem Thema auseinandergesetzt habe, desto mehr wuchs mein Interesse am Aspekt der Supraschmierung. So wurde es letztlich zum Thema meiner Promotion.
Würden Sie kurz beschreiben, was Supraschmierung ist und was den angesprochenen Neuheitswert ausmacht?
MAKOWSKI: Das Phänomen der Supraschmierung ist seit ungefähr 30 Jahren bekannt, es ist in Maßstäben der Ingenieurwissenschaft also relativ jung. Unter bestimmten Bedingungen können extrem niedrige Reibungswerte entstehen, was ein gewaltiges Einsparungspotenzial für zum Beispiel Motoren und Getriebe bietet. Das Phänomen tritt beispielsweise in Verbindung mit den hier am Fraunhofer IWS entwickelten und hergestellten ta-C-Schichten unter Einsatz gewisser Schmierstoffe auf. Um das mal einzuordnen: Mit konventionell geschmierten Kontakten erreicht man üblicherweise einen Reibungskoeffizienten von ungefähr 0,1, was bedeutet, dass 10 Prozent der umgesetzten Energie für die Nutzung verloren gehen. Diesen Wert können wir mit Supraschmierung um den Faktor zehn verringern, also auf ein Prozent, und dadurch viel Energie einsparen.
In der Natur gibt es nur wenige Systeme, bei denen Supraschmierung entsteht, beispielsweise beim Schlittschuhfahren auf Eis oder innerhalb der Gelenke des menschlichen Körpers.
Worin bestehen die größten Chancen, die eine Supraschmierung und ihre Anwendung für die Zukunft bieten kann?
MAKOWSKI: Die Energieeinsparung! Würde es gelingen ein solches System in die Anwendung zu bringen, dann entstünde ein riesengroßes Einsparpotenzial. Aktuell beschäftigt man sich vor allem mit Schmierstoffen auf Wasser- oder Fettsäurebasis. Das sind Stoffe, die mehr oder weniger aus Pflanzenölen gewonnen werden. Gelingt es diese mit ebenfalls ökologisch unbedenklichen Additiven zu versetzen, erhält man umweltverträgliche Schmierstoffe. Man kann so hoffentlich irgendwann komplett auf den Einsatz von Erdöl verzichten. Außerdem könnte man mit derart niedrigen Reibungswerten komplizierte Wälzlager durch suprageschmierte Gleitlager ersetzen. Diese erzeugen dann nicht nur weniger Reibung, sondern weisen auch einen deutlich simpleren Aufbau auf. Wir sparen also zudem Masse ein und das ist etwa für den Leichtbau sehr interessant.
Wo kann die Supraschmierung Ihrer Meinung nach konkrete Anwendung finden?
MAKOWSKI: Sämtliche Lagerungen ließen sich damit ausstatten. Ein Beispiel sind Windturbinen: Dort sind riesige Lager verbaut, es werden Unmengen an Energie umgesetzt und jeder Verlust an Energie tut hier besonders weh. Da würde es sich enorm lohnen, suprageschmierte Lager einzusetzen. Auch für Verbrennungsmotoren sehe ich Potenzial, allerdings ist die Hürde hier besonders hoch, die bestehenden technischen Herausforderungen im Motorölkreislauf zu meistern. Ich sehe außerdem Bedarf bei Elektromotoren. Darin werden immer noch Lagerungen verbaut, mit denen die Energie aus dem Motor aufs Rad übertragen wird. Zusammengefasst können besonders Maschinenbau, Energietechnik und die Transportbranche von der Supraschmierung profitieren.
Ihre Gruppe hat bereits in Modellversuchen nachgewiesen, dass sich Supraschmierung mit ta-C-Schichten herbeiführen lässt. Wie fährt das Fraunhofer IWS jetzt mit den erreichten Ergebnissen fort? Sind bereits neue Projekte geplant?
MAKOWSKI: Aktuell laufen drei Projekte zu dem Thema an. Bei »SuluTrib« geht es uns darum, die Methodik zu erweitern, sodass wir in großen Kontakten die Supraschmierung messen und auch nachweisen können, warum sie auftritt. Eine derart geringe Reibung ist wirklich schwierig zu messen, was auch auf den Verschleiß unter diesen Umständen zutrifft. Dazu brauchen wir sehr präzise, geeignete Instrumente und diese wollen wir zusammen mit dem Fraunhofer IWM in diesem Projekt erarbeiten.
Das zweite Projekt heißt »Supraslide«. Mehrere Fraunhofer-Institute wollen in diesem Rahmen ein Gleitlager entwickeln, das supraschmierfähig ist. Aktuell startet außerdem das Projekt »CHEPHREN«. Es verfolgt einen ähnlichen Ansatz wie »Supraslide«, fokussiert sich aber viel stärker auf die industrielle Anwendung und die Zusammenarbeit mit Industriepartnern.
Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Zukunft der Supraschmierung gestalten?
MAKOWSKI: Ehrlich gesagt bin ich zuversichtlich, dass wir den Durchbruch schaffen. Supraschmierung ist ein Thema mit einem gewaltigen Potenzial für ein riesiges Anwendungsspektrum.
Hinweis: »Supraschmierung« Thema bei »Early Morning Science mit Fraunhofer«
Zur jährlichen Pressekonferenz der Fraunhofer-Institute am Standpunkt Dresden wird Dr. Volker Weihnacht in seinem Beitrag »Kraftübertragung ohne Verluste: Industriereife diamantartige Kohlenstoffschichten für ultraniedrige Reibungswerte« die Themen »niedrige Reibung«, »Supraschmierung« und »ta-C-Schichten« aufnehmen und Chancen für die Einsparung von CO2 darstellen. Die Pressekonferenz »Early Morning Science mit Fraunhofer« findet am 12.Oktober 2021 online statt.