Projekte

Strukturelles Kleben textilverstärkter Thermoplastverbunde

Realisierung doppelt überlappter Klebverbindungen von Abstandsstrukturen (spacer fabrics) ohne und mit metallischem Fügepartner
© Fraunhofer IWS
Realisierung doppelt überlappter Klebverbindungen von Abstandsstrukturen (spacer fabrics) ohne und mit metallischem Fügepartner

Für den industriellen Einsatz von thermoplastischen Faserverbundkunststoffen in Großserien werden auch geeignete reproduzierbare stoffschlüssige Verbindungstechniken benötigt. Besonderen Stellenwert hat dabei die Klebtechnik aufgrund der Möglichkeit, eine flächige und gleichmäßige Lastübertragung in der komplexen Faserverbundstruktur zu realisieren. Da thermoplastische Polymere wie Polyamide, Polyethylen und Polypropylen bei der Herstellung und Verarbeitung von Faserkunststoffverbunden im Vergleich zu den duromerbasierten Matrixwerkstoffen Vorteile bei der Fertigung hoher Stückzahlen bieten, muss bei der Fügeprozessentwicklung neben einer hohen Anfangsfestigkeit und guten Alterungsstabilität auch auf geringe Taktzeiten innerhalb einer Serienfertigung geachtet werden.

Lösung

Funktionsintegrativer Fahrzeugsystemträger (FiF)
© Fraunhofer IWS
Funktionsintegrativer Fahrzeugsystemträger (FiF)
Fahrerkabine des FiF´s mit der automatisierten Vorbehandlung und Klebstoffapplikation
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Fahrerkabine des FiF´s mit der automatisierten Vorbehandlung und Klebstoffapplikation

In der Arbeitsgruppe Kleben und Faserverbundtechnik des Fraunhofer IWS Dresden wird deshalb an der Entwicklung und Umsetzung von automatisierbaren Prozessschritten gearbeitet, die das Kleben ebener und räumlich gekrümmter faserverstärkter Thermoplastverbunde ermöglichen. Dabei werden die folgenden Teilprozessschritte:

  • Oberflächenvorbehandlung,
  • Klebstoffauswahl,
  • Klebstoffauftrag und -aushärtung,
  • Dokumentation der Übertragungsfestigkeit und Alterungsbeständigkeit 

untersucht und weiterentwickelt.

Diese Arbeiten wurden in enger Zusammenarbeit mit der TU Dresden im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 639 »Textilverstärkte Verbundkomponenten für funktionsintegrierende Mischbauweisen bei komplexen Leichtbauanwendungen« durchgeführt.

Oberflächenvorbehandlung:

Thermoplaste mit niedriger Oberflächenenergie, wie z. B. Polypropylen, sind aufgrund ihrer schlechten Adhäsion nicht ohne weiteres klebbar und daher schwer für strukturelle Anwendungen einsetzbar. Die Nutzung physikalischer Methoden zur Oberflächenvorbehandlung oder die Verwendung modifizierter Klebstoffsysteme können hierbei eine verbesserte Adhäsion bewirken. Atmosphärendruckplasma sowie Laserstrahlung sind für eine flexible Oberflächenvorbehandlung besonders prädestiniert. Diese beiden Methoden werden in erster Linie zur Oberflächenreinigung (Entfernung von Weichmachern, Trennmitteln usw.) und teilweise zur Funktionalisierung der unpolaren Kunststoffoberfläche genutzt. Bei der automatisierten Plasmavorbehandlung mit geringem Wärmeeintrag konnte die Bildung funktioneller Gruppen nachgewiesen werden. Neben der Oberflächenreinigung und -aktivierung führt insbesondere die Laseroberflächenvorbehandlung (Strukturierung) zu einer Vergrößerung der Oberfläche und ermöglicht dem Klebstoff neben der chemischen Wechselwirkung zur Oberfläche eine mechanische Verankerung.

Klebstoff-Auswahl, -Auftrag und -Aushärtung:

Um hochbelastbare strukturelle Klebungen an faserverstärkten Thermoplastverbunden zu realisieren, wurden angepasste Klebstoffsysteme auf Basis von Polyolefinen, Epoxidharz, Polyurethan sowie Acrylaten untersucht und deren quasistatische Verbindungsfestigkeiten verglichen. Um den Prozessanforderungen der Serienfertigung gerecht zu werden, wurde außerdem die Möglichkeit der beschleunigten Klebstoffhärtung am Beispiel thermisch sensibler Glasfaser-Polypropylen-Verbunde erforscht, damit auch größere Strukturen in einer Zeit von wenigen Minuten handhabbar für die nächsten Prozessschritte sind.

Mittels hochfrequenter Induktionserwärmung und der Zugabe von ferromagnetischen Partikeln in industrielle 1K- und 2K-Epoxidharzbasierte Klebstoffsysteme erfolgte eine beschleunigte Klebstoffhärtung. Die Aushärtungszeiten konnten von 60 - 90 min im Wärmeschrank auf 3 - 5 min reduziert werden. Die glasfaserverstärkten thermoplastischen Bauteile waren dabei keiner großen thermischen Belastung ausgesetzt, wie es beispielsweise bei einer konventionellen Härtung in Wärmeschränken typisch ist, da die Erwärmung lokal und zielgerichtet in der Klebstoffschicht erfolgt.

Ergebnisse

Pyrometergeregelte induktiv beschleunigte Klebstoffhärtung mit Industrieroboter
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Pyrometergeregelte induktiv beschleunigte Klebstoffhärtung mit Industrieroboter

Beim strukturellen Kleben von faserverstärkten Thermoplastverbunden wurden deutliche Steigerungen der Klebfestigkeiten mittels Atmosphärendruckplasmabehandlung sowie gepulster Festkörperlaserstrahlung auch nach Alterungstests erzielt. Dabei konnte im Vergleich zu dem Ausgangszustand (nur durch Lösungsmittel gereinigt), mit reinem adhäsiven Versagen der Klebungen und Schälkräften von 15 N/m, durch Laserstrukturierung der Proben eine deutliche Steigerung der Schälkräfte mit 3800 N/m und einem kohäsiven bzw. delaminierenden Versagen der Proben erzielt werden. Weiterhin konnte eine beschleunigte Klebstoffhärtung mittels hochfrequenter Induktion realisiert werden. Möglich wurde dies durch das Eindispergieren von nanoskaligen super-paramagnetischen mit Siliziumoxid umhüllten Eisenoxidpartikeln in verschiedene Klebstoffsysteme. Ein bewegungsgesteuerter Induktor regt die Nanoferrite an und sorgt für eine Klebstoffaushärtung bei Temperaturen zwischen 130 °C - 180 °C.

Bei der mechanischen Prüfung wurden Klebfestigkeiten der induktiv gehärteten Proben auf einem Niveau der konventionell gehärteten Proben basierend auf Härtung bei Raumtemperatur bzw. im Wärmeschrank erzielt. Bei Verwendung von glasfaserverstärktem Polypropylen lagen diese je nach Vorbehandlung und Klebstoffsystem zwischen 8 MPa und 12 MPa. Die Automatisierung des Klebprozesses konnte innerhalb des Sonderforschungsbereiches 639 durch Kopplung der Vorbehandlungsaggregate (Atmosphärendruck-Plasmakopf) sowie der Klebstoffauftragseinheit (2K-Dosier-und Auftragseinheit) oder der Induktionsanlage an kooperativ arbeitenden Industrierobotern umgesetzt werden.