»Steter Tropfen höhlt den Stein« – neuer 1000 Hz Resonanzpulsator am Fraunhofer IWS Dresden im Einsatz
Unter Umgebungseinflüssen wie wechselnder mechanischer Belastung, wechselnder Temperatur, UV-Strahlung oder auch unter Einwirkung eines korrosiven Mediums setzt in den meisten Werkstoffen ein langsam voranschreitender Schädigungsprozess ein, die Materialermüdung. Eine im Einzelfall unkritische statische Belastung kann bei mehrfacher Wiederholung zum Totalausfall eines Bauteils führen. Die Frage ist meist: Wie viele Wiederholungen verträgt ein Bauteil? Oder: Wie muss ich ein Bauteil auslegen, damit es unbegrenzt viele Zyklen erträgt, also dauerfest ist? In Kooperation mit der Firma Russenberger Prüfmaschinen hat das Fraunhofer IWS Dresden die neueste Generation eines Resonanzpulsators in Betrieb genommen – die RUMUL-GIGAFORTE. Der elektromagnetisch angetriebene Resonanzpulsator ermöglicht eine Prüffrequenz von rund 1000 Hz und reduziert die Messzeiten zum Nachweis der Schwingfestigkeit von Werkstoffen und Bauteilen erheblich.
Die Schwingfestigkeit eines Werkstoffs bzw. eines Bauteils ist für viele Anwendungen die entscheidende Kenngröße, um eine effiziente Bauteil-Auslegung durch eine optimale Ausnutzung des werkstoffspezifischen Festigkeitspotentials zu gewährleisten. Ein Festigkeitsnachweis gemäß branchenspezifischer Regelwerke erfordert in der Regel eine statistisch abgesicherte Aussage über das zyklische Festigkeitsverhalten im Zeit- und/oder Dauerfestigkeitsbereich. Oft stehen die endgültigen Prozessparameter noch gar nicht fest, der Berechnungsingenieur benötigt aber bereits zuverlässige Aussagen über die anzunehmenden Festigkeitswerte. Nachweiskonzepte auf der Basis lokaler Konzepte bedingen aber eine genaue Kenntnis des Festigkeitsverhaltens im versagenskritischen Beanspruchungsbereich und dem dort vorliegenden Werkstoffzustand, welcher zumeist signifikant vom Herstellprozess abhängt.
Je nach abzudeckendem Lastspielzahlbereich kommt man für eine statistisch abgesicherte Wöhlerkurve schnell auf einen Probenumfang von deutlich über 25 Proben. Steht dann auch noch eine experimentelle Absicherung des Wöhlerlinienverlaufs jenseits der klassischen Grenzlastspielzahl von 2 Millionen Lastwechsel im Fokus, entsteht zumeist eine sehr empfindliche zeitliche Lücke zwischen den Phasen der Produktentwicklung und dem experimentellen Nachweis der Werkstoff- bzw. Bauteilzuverlässigkeit. Selbst beim Einsatz eines klassischen Resonanzpulsationsprüfsystems mit ca. 100 Hz Prüffrequenz muss man für einen Probenumfang von 20 bis 25 Proben und einer Grenzlastspielzahl von 10 Millionen Lastwechseln zwischen ein und zwei Monaten reiner Versuchszeit einplanen.
Hier bietet das Fraunhofer IWS Dresden seine Unterstützung an. Dessen Prüflabor für Hochfrequenz-Ermüdung ermöglicht Prüffrequenzen von 100 Hz bis 20.000 Hz. Entscheidende Fortschritte erzielten die Dresdner vor allem bei den sehr hohen Prüffrequenzen, wo man bisher in der Geometrie der Prüflinge sehr eingeschränkt war.
In Kooperation mit der Firma Russenberger Prüfmaschinen wurde am Fraunhofer IWS Dresden im Sommer 2015 die neueste Generation eines Resonanzpulsators in Betrieb genommen – die RUMUL-GIGAFORTE. Es handelt sich dabei um einen elektromagnetisch angetriebenen Resonanzpulsator, der bei einer Prüffrequenz von rund 1000 Hz zum Einsatz kommt. Dieses Prüfsystem schließt die Lücke zwischen den klassischen Resonanzpulsern und der Ultraschallermüdungsprüftechnik. Für verschiedenste Werkstoffe, Proben und Bauteile wird derzeit die Leistungsfähigkeit des neuen Prüfsystems erprobt.
Frau Prof. Zimmermann, Leiterin der Arbeitsgruppe Werkstoffprüfung und -charakterisierung am Fraunhofer IWS und Professorin des gleichnamigen Lehrstuhls an der Fakultät Maschinenwesen der Technischen Universität Dresden, beschäftigt sich bereits seit über 10 Jahren mit dem Thema Hochfrequenzermüdung. »Um verlässliche Schwingfestigkeitsdaten zu erhalten, muss sichergestellt sein, dass ein möglicher Frequenzeinfluss ebenso ausgeschlossen oder aber klar definiert werden kann wie auch eine unerwünschte Erwärmung infolge hoher Prüffrequenzen.« Auch muss sichergestellt sein, dass ein Abgleich zwischen Regelgröße und tatsächlicher Bauteilbeanspruchung erfolgt, d. h. »ob beim Bauteil auch das ankommt, was wir beim Einrichten der Versuchsreihe in der Kontrolleinheit des Prüfsystems eingeben. Sollten sich unsere bisherigen positiven Erfahrungen mit dem neuen Prüfsystem weiter bestätigen, dann gewinnt der Begriff der prozessbegleitenden Prüfungen eine ganz neue Dimension« meint Frau Prof. Zimmermann begeistert.
Wer mehr über das neue Prüfsystem erfahren möchte, kann sich u. a. im Rahmen der WERKSTOFFWOCHE 2015 vom 14.-17. September 2015 im Messegelände in Dresden mit den Spezialisten im Bereich Hochfrequenzermüdung austauschen. Unsere Experten stehen Ihnen auf dem Gemeinschaftsstand des Dresdner Materialforschungsverbundes MFD (Halle 3) gern mit ihrem Know-how zur Verfügung.