Mit Magnetfeldern schweißen
Schweißen mit Magnetfeldern – wie geht das? Bei dem noch relativ unbekannten Verfahren Magnetpulsschweißen werden zwei Metallteile miteinander verschweißt, ohne aufzuschmelzen. Wie kann das funktionieren? Der besondere Trick ist die hohe Geschwindigkeit, mit der die beiden Teile im Fügeprozess aufeinander prallen. Die Teile verlieren ihre passiven Oberflächenschichten und verschweißen miteinander. Die notwendigen Kräfte werden mittels eines Magnetfeld-Blitzes eingebracht, also berührungslos. Das Magnetfeld wird durch eine stabile Spule erzeugt, über die ein Kondensator schnell entladen wird. Diese, auf den ersten Blick verblüffend einfache Technologie in die industrielle Fertigung zu bringen, ist Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden.
Der Clou des Verfahrens ist, dass es auch mit völlig unterschiedlichen Metallen funktioniert. Materialkombinationen, die mit herkömmlichen Verfahren nicht oder nur extrem schwierig schweißbar sind, wie etwa Aluminium und Kupfer oder Aluminium und Stahl, sind für das Magnetpulsfügen prädestiniert. Besonders gut geht dies bei Bauteilformen wie Rohrverbindungen, welche wiederum mit anderen Spezialverfahren, wie etwa dem Explosivschweißen, nicht machbar sind. Geschweißt wird ohne Wärme, Gase oder Zusatzwerkstoffe.
Die Prozessentwicklungen zu dieser Technologie schnellstmöglich in die Industrie zu überführen, das ist das Ziel der Forschungsarbeiten am Fraunhofer IWS. Durch die Anschaffung einer auf die vielfältigen Anforderungen des Institutes optimierten Anlage vom französischen Hersteller BMAX aus Toulouse sind die Forscher am IWS Dresden nunmehr noch besser dazu in der Lage. Die Firma BMAX ist weltweit führend in der Herstellung kompakter Anlagen für die Erzeugung der für das Verfahren nötigen hohen Ströme. „Die enge Kooperation mit den Experten aus Toulouse und die neue Anlage in Dresden ergänzen unsere bisherige Arbeit ideal“, sagt Dr. Gunther Göbel, Gruppenleiter für Sonderfügeverfahren am IWS. "Jetzt haben wir direkten Zugriff auf die Hardware, die wir auch beim Kunden in die Serienfertigung bringen können.“
Die Dresdner Forschungseinrichtungen sind keine Unbekannten in der Magnetpulsszene: Gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf konnten bereits eigene Magnetpuls-Prototypsysteme entwickelt und gebaut werden. Dies half wiederum, das notwendige Spezialwissen auszubauen und Industriekunden und andere Forscher für die Technologie zu begeistern: „Natürlich ist Magnetpulsfügen gegenüber anderen Verfahren noch sehr wenig erforscht“, so Göbel, „aber die neuen Möglichkeiten sind sehr vielfältig, man muss sie alle auch erst einmal richtig verstehen und vermitteln.“ Dabei helfen den Fraunhofer Forschern ihre langjährige Erfahrung mit anderen Fügeverfahren und das traditionell sehr umfangreiche Werkstoff-Know-how. Das IWS ist ein national wie international anerkannter Partner für Füge-Technologieentwicklung. Laserstrahlschweißen, Rührreibschweißen, Löten und Kleben sind nur einige der Technologien, an denen die Experten arbeiten.
Diese Vielfalt auch in die Industrie zu bringen hat dabei Fraunhofer-typisch oberste Priorität: „Mit unserer Initiative „Tailored Joining“ also „Angepasstes Fügen“ konnten wir einen Großteil der Dresdner Fügeexperten vereinen“, sagt Prof. Eckhard Beyer, Institutsleiter am Fraunhofer IWS. „Gemeinsam mit den Kollegen aus der Technischen Universität richten wir nun Ende Februar 2014 zum zweiten Mal ein internationales Symposium zu Fügethemen für die Industrie aus.“ Ziel ist es, die inzwischen für den Einzelnen recht unübersichtlich gewordene Entwicklung der Fügetechnik aufzubereiten und neue Trends aufzuzeigen. Interessierte aus Produktion und Forschung sollen damit einen breiten Überblick bekommen, was aktuell und in naher Zukunft technologisch möglich ist. Das Magnetpulsfügen wird dabei prominent dabei sein und sicher viele neue Interessenten finden.